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InhaltGrundsätzliche Prinzipe der römischen Religion Erklärung des römischen Paganismus Priester und Priesterkollegien Die Hausreligion: Eine kurze Geschichte Römischer Glaube über das Leben nach dem Tod Was wir mit 'paganer Rekonstruktion' meinen Warum die Religio Romana für Nova Roma wichtig ist Links über die römische Religion und ähnliche Themen |
Sein ihren Anfängen hatte die römische Kultur die Tendenz, Elemente aus fremden Kulturen zu assimilieren, was natürlich auch religiöse Praktiken beinhaltet. Als das römische Reich sich ausdehnte, wurde der Prozentsatz der römischen Bürger immer kleiner, selbst in der Stadt Rom, dem Herzen des Imperium. Es gab römische Italer, römische Griechen, römische Gallier, römische Kelto-Spanier, römische Ägypter, römische Syrier, römische Juden, etc. Als solche ist die Definition der Religio Romana überhaupt nicht einfach. Wenn wir sie als ein Set von religiösen Praktiken verstehen, welches von der römischen Bevölkerung ausgeübt wurde, so beinhaltet sie beinahe alle religiösen Systeme, welche zur römischen Zeit im Mittelmeerraum existierten, und nicht nur die ursprünglich Römischen. Dennoch können wir noch immer einige rituelle Elemente und Einstellung finden, welche sich während der ganzen römischen Periode strikte gehalten haben, vorallem auf dem Gebiet des öffentlichen Kultes (inklusive dem Kaiserkult, der eine Evolution war und der letzte Ausdruck eines öffentlichen Kultes), aber auch auf dem Gebiet des privaten Kultes (mindestens in den konservativeren Häusern). Es ist dieser Satz an Elementen und Verhaltensweisen, den wir mit der traditionellen Religio Romana verbinden. Während die traditionelle Religio Romana aus vielen Perspektiven analysiert werden kann, werden wir uns in diesem Text mit dem Problem der Körperhaltung und der Gestik während des Gebetes der traditionellen römischen Rituale befassen. Da dieses Problem allein schon mehrere Buchbände füllen könnte, werden wir versuchen, eine sehr generelle Idee zu entwerfen, die in der vorhandenen wissenschaftlichen Literatur vertieft werden kann. Haben die Römer im Gebet ihre Arme ausgestreckt? Einige Bücher, wie der 'Dictionary of Roman Religion' von Lesley und Roy Adkins (1996), nehmen das Problem der rituellen Körperhaltung nicht ernst genug, indem sie behaupten, die Römer hätten mit gestreckten Armen gebetet. Es gibt sicherlich viele Abbildungen von Riten, welche mit ausgestreckten Armen gefeiert werden. Das folgende Bild ist eine Münze aus der Zeit von Domitian, auf welcher der Kaiser gezeigt wird, wie er einer Gruppe von knienden Frauen ein Gebet diktiert. Dieses Ritual ist die 'Supplicatio' (Anrufung), und wird in den erhaltenen Texten der 'Acta Ludorum Saeculariorum' beschrieben. Die folgenden Zeilen stammen aus der Beschreibung der Ludi Saeculares aus dem Jahre 17 v. Chr. Sie stehen im CIL VI 32323: "DEINDE CX MATRIBVS FAMILIAS NVPTIS QVIBVS DENV[NTIATVM ERAT .... M AGRIPPA] / PRAEIT IN HAEC VERBA / IVNO REGINA AST QVID EST QVOD MELI[VS SIET P R QVIRITIBVS ....... MATRES FAMILIAE / NVPTAE GENIBVS NIXAE TE VTI .............................. / MAIESTATEMQVE P R QVIRITI[VM DVELLI DOMIQVE AVXIS VTIQVE SEMPER LATINVM NOMEN TVEARE INCOLVMITATEM] / SEMPITERNAM VICTORIAM [VALETVDINEM POPVLO ROMANO QVIRITIBVS TRIBVAS FAVEASQVE POPVLO ROMANO QVIRITIBVS LEGIONIBVSQVE P R] / QVIRITIVM REMQVE PVBLI[CAM P R QVIRITIVM SALVAM SERVES VTI SIES VOLENS PROPITIA POPVLO ROMANO] / QVIRITIBVS XVVIR S F NO[BIS .... HAEC MATRES FAMILIAS CX POPVLI ROMANI] / QVIRITIVM NVPTAE GENI[BVS NIXAE QVAESVMVS PRECAMVRQVE]" "Darauf wurde an/von 110 Müttern aus verheirateten Familien gemeldet ... [Dieser Teil des Textes ist verloren] ... M. Agrippa sprach die folgenden Worte vor: 'Iuno Regina, aber was gibt es das besser sein könnte für das römische Volk des Quirinus ... [Dieser Teil des Textes ist verloren] ... kniende Mütter von Familien, dass ... [Dieser Teil des Textes ist verloren] ... und dass die Erhabene dem römischen Volk des Quirinus helfen möge, sowohl im Krieg, als auch zu Hause, und dass er/sie immer die Erhaltung des latinischen Namens überwache. Mögest du dem römischen Volk des Quirinus ewigen Sieg und Gesundheit zuteilen und die Bürger des römischen Volkes und die Legionen des römischen Volkes immer bevorteilen. Mögest du gesund erhalten die Bürger und den Staat des römischen Volkes der Quiriten und mögest du dem römischen Volk der Quiriten, den Quindecimviri Sacris Faciundis, uns ... [Dieser Teil des Textes ist verloren] ... gewogen sein. Das erbitten wir 110 Mütter aus verheirateten Familien kniend und beten darum." Trotzdem war die Supplicatio in der republikanischen Zeit für Krisenzeiten reserviert und kam oft durch die Konsultation der sibyllinischen Bücher zustande. Bemerken Sie bitte auch, dass selbst in der oben zitierten Supplication nur Frauen (welche eine Gruppe mit niedrigerem sozialem Status darstellten) knieten, während der Kaiser steht und das Gebet vorspricht. Ähnliche Verhaltensweisen sind in griechischen Kulten weit verbreitet (siehe Simon Pulleyn, 'Prayer in Greek Religion', Oxford, Clarendon Press, 1998), sowie auch in anderen orientalischen Kulten. Das folgende Bild zeigt ein Fest der ägyptischen Mysterien. Diese Art von untertäniger und emotioneller Körperhaltung gegenüber der Gottheit, die für orientalische Religion normal ist, widerspricht der Grösse und Erhabenheit, welche in Beschreibungen und Bildern der traditionellen römischen Opferhandlungen dargestellt wird (siehe unten) und sollte deshalb vorallem als fremder Einfluss gewertet werden. Natürlich bedeutet das nicht, dass untertänige und emotionelle Körperhaltungen von der römischen Bevölkerung nicht angenommen wurden. In den östlichen Provinzen der Kaiserzeit war das sicherlich die am weitesten verbreitete Einstellung. In Rom selbst war es sicherlich die Einstellung vieler Römer, welche fremde Götter anbeteten - sowohl Bürger, als auch Einwanderer, Sklaven und Freie - sowohl im privaten Gebet, als auch an den diesen Göttern geweihten Festen. Es heisst nur, dass in der Kaiserzeit, als die Supplicatio eine häufige Form der Anbetung der Götter bei öffentlichen Festen wurde, diese untertänige Einstellung auf die Frauen übertragen wurde. Körperhaltung und Gestik in den traditionellen römischen Ritualen Obwohl es eine grosse Anzahl von Bas-reliefs und Malereien gibt, welche die traditionellen römischen Opfer, sowohl privat, als auch öffentlich, gibt, unterliegen diese Darstellungen strikten künstlerischen Regeln, welche die Informationen, die wir aus ihnen gewinnen können, limitieren. Trotzdem sind sie valable Quellen. Die erhaltenen Darstellungen von traditionellen römischen Opfern zeigen alle den Opfernden während der Opferhandlung am brennenden Altar oder Herd, meist während der Praefatio oder den einführenden Opferhandlungen von Weihrauch und Wein (für eine detaillierte Studie über römische Oper, lesen Sie J. Scheid, 'Romulus et ses Frères - Le College des Frères Arvales, modèle du culte public das la Rome des Empereurs', Ecole française de Rome, 1990, ISBN 2-7283-0203-7). Ein Beispiel davon ist dieses Bas-relief, welches den Tempel des Vespasian in Pompeji ziert. Der Opfernde steht 'cinctu gabino' (mit bedecktem Haupt - capite velato - durch eine Falte der Toga praetexta), legt die Opfergaben mit einer Hand ins Feuer, während die andere, freie Hand, die Toga hält. Derselbe Akt ist auf dem folgenden Relief zu sehen, auf dem Marcus Aurelius for dem Tempel des Iupiter Capitolinus opfert. Ähnliche Szenen sind auch auf privaten Lararia, wie dem folgenden, dargestellt. In diesem Fall hält der Opfernde ein 'Rhytium' (Trinkhorn) in der einen Hand, während er die Opfergabe mit der anderen Hand ins heilige Feuer legt. Obwohl diese Abbildungen definitiv Informationen über die Körperhaltung im Moment wo die Opfergaben ins Feuer gelegt werden beinhalten, erleuchten sie uns nicht in Bezug auf die Körperhaltung während den Gebeten an die Göttin. Zum Beispiel: Hatte der Opfernde seine Hände frei, während dem Gebet vor dem Opfer (wurden die Gegenstände in diesem Fall von Helfern gehalten?), oder hielt der Opfernde die Gaben die ganze Zeit hindurch? Wenn die erste Vermutung zutrifft, was hat der Opfernde mit seinen Armen und Händen gemacht? Cato gibt uns einen Hinweis bei seinem Opfer an Iupiter Dapalis (Cato, De Agricultura, 132): "Dapem hoc modo fieri oportet. Iovi dapali culignam vini quantum vis polluceto. Eo die feriae bubus et bubulcis et qui dapem facient. Cum pollucere oportebit, sic facies: 'Iuppiter dapalis, quod tibi fieri oportet in domo familia mea culignam vini dapi, eius rei ergo macte hac illace dape pollucenda esto.' Manus interluito, postea vinum sumito: 'Iuppiter dapalis, macte istace dape pollucenda esto, macte vino inferio esto.' Vestae, si voles, dato. Daps Iovi assaria pecuina urna vini. Iovi caste profanato sua contagione." "Es ziemt sich die Opfergaben auf diese Art zu geben. Biete Iupiter Dapalis einen so grossen Becher Wein an, wie du willst. Für die Ochsen und die Ochsentreiber und diejenigen welche die Opfergaben herbeibringen, ist es ein Feiertag. Wenn es an der Zeit ist für das Opfern, sollst du es so machen: 'Iupiter Dapalis, weil es sich ziemt dir im Haus meiner Familie einen Becher Wein als Opfergabe zu geben, deshalb sollst du durch diese geopferte Gabe hier geehrt werden, mögest du durch den geopferten Wein besänftigt werden.' Der Vesta kann, wenn man das wünscht, geopfert werden. Die Opfergaben des Iupiter sind Fleisch im Wert eines Asses und ein Becher Wein. Danach entweihe das Opfer des Iupiter durch deine Berührung." Cato teilt das Opfer in 2 Momente. Der Erste ist, wenn der Opfernde Iupiter das erste Mal anruft und die Gründe für das Opfer darlegt. Dann gibt es eine Pause, während sich der Opfernde die Hände wäscht und den Wein nimmt, gefolgt von der eigentlichen Opferhandlung. So wissen wir, dass im ersten Moment der Opfernde seine Hände frei haben könnte, während er das einleitende Gebet spricht. Trotzdem wird nichts über die Körperhaltung des Opfernden in diesem Moment gesagt, wahrscheinlich weil keine spezielle Körperhaltung gefordert war. Lasst uns ein weiteres Beispiel ansehen, welches die alljährliche Ankündigung der Opfer an Dea Dia durch die Fratres Arvales vor dem Tempel der Concordia darstellt. Dies in einem Auszug aus den 'Comentarii Fratrum Arvalium' (CIL VI 32340.0 - 20): "ille mag. manibus lautis capite velato sub divo contra orientem sacrificium indixit deae Diae sic Quod bonum faustum felix fortunatumque sit populo Romano Quiritibus, fratribusque arvalibus, Tiberio Caesar Augusto, Iuliae Augustae et liberis nepotibus totique domui eorum, sacrificium deae Diae hoc anno erit a.d. VI Kalendas Iunias" "Jener Lehrer, nachdem er die Hände gewaschen hatte und den Kopf bedeckte, eröffnete das Opfer der Dea Dia unter freiem Himmel gegen Osten blickend folgendermassen: 'Damit es gut, fruchtbar und glücklich sei für das römische Volk der Quiriten und die arvalischen Brüder, für Tiberius Caesar Augustus, für Iulia Augusta und für alle Kinder und Grosskinder in deren Familie, wird das Opfer für Dea Dia in diesem Jahr am 6. Tag vor den Kalenden des Juni stattfinden." Die Beschreibung bezieht sich auf die Bedeckung des Hauptes (capite velato), die Richtung in welche der Offizielle blickt und Details wie das Waschen der Hände, aber sie sagt nichts über die Körperhaltung während der Mitteilung. Wiederum könnte dies darauf hindeuten, dass spezielle Positionen oder eine spezielle Gestik in diesem Ritual nicht vorgeschrieben waren. Die Körperhaltung des Offiziellen wird, zum Beispiel, in einigen Beschreibungen von Ritualen, welche als 'Devotio' bekannt sind, beschrieben. Die Devotio war ein Ritual, welches den Sinn hatte, jemanden den Göttern der Unterwelt (Dii Inferi), den Göttern des Todes zu übergeben. Sein Gebrauch war vorallem in militärischem Zusammenhang verbreitet, wo eine feindliche Armee und/oder Stadt der Zerstörung geweiht wurde. Manchmal beinhaltete dieser Akt den Selbstmord des Kommandanten oder eines Soldaten, der für die richtige Wirkung auserkoren wurde. Ein typisches Beispiel wird von Livius geschildert, als er die von Consul Decius unter Anweisung eines Pontifex in der Schlacht gegen das Latinische Bündnis Devotio schildert (Livius, Ab Urbe Condita, 8.9.4 - 8): "(...) pontifex eum togam praetextam sumere iussit et uelato capite, manu subter togam ad mentum exserta, super telum subiectum pedibus stantem sic dicere: 'Iane, Iuppiter, Mars pater, Quirine, Bellona, Lares, Diui Nouensiles, Di Indigetes, Diui, quorum est potestas nostrorum hostiumque, Dique Manes, uos precor ueneror, ueniam peto feroque, uti populo Romano Quiritium uim uictoriam prosperetis hostesque populi Romani Quiritium terrore formidine morteque adficiatis. sicut uerbis nuncupaui, ita pro re publica [populi Romani] Quiritium, exercitu, legionibus, auxiliis populi Romani Quiritium, legiones auxiliaque hostium mecum Deis Manibus Tellurique deuoueo.' (...)" "(...) Der Pontifex befahl ihm die Toga Praetexta zu tragen und mit bedecktem Kopf, eine Hand von unten aus der Toga an den Kopf fassend, mit den Füssen auf einem Speer stehend, so zu sprechen. 'Ianus, Iupiter, Vater Mars, Quirinus, Bellona, Laren, Novisilen, Indigeten, Götter denen die Macht über uns und unsere Feinde gehört, Manen, ich bete zu euch, rufe euch an, ich komme als heftig Bittender, dass ihr dem römischen Volk der Quiriten Kraft und den Sieg gebt und die Feinde des römischen Volkes der Quiriten mit Angst, Furcht und Tod heimsucht. So wie ich diese Worte gesprochen habe, so übergebe ich für den Staat [des römischen Volkes] der Quiriten, für das Heer, die Legionen, die Auxilien des römischen Volkes der Quiriten, die Legionen und Auxilien der Feinde, sowie auch mich selbst, den Manen und Göttern der Erde.' (...)" Wichtige Informationen können aus dieser Beschreibung gewonnen werden. Hier sehen wir, dass Decius, bevor er die Formel aufsagt, instruiert wird die Toga Praetexta zu tragen und sein Haupt zu bedecken, was, wie wir schon gesehen haben, die normale Vorgehensweise für ein Opfer 'Romano ritu' ist. Die einzigen beiden Elemente, welche wir sonst nirgendwo finden, ist der Gebrauch eines Speeres, der am Boden liegt, und die Berührung des Kopfes. Während das Detail des Speeres sicherlich speziell auf die Devotio zutrifft (weil Livius später sagt, dass der Speer von den Feinden nicht erobert werden konnte), könnte die Berührung des Kopfes auch ganz normal sein. Auf eine Art ähnelt dies auch der Adoratio (Kuss auf die Rechte Hand zum Gruss einer Gottheit [Plinius, Historia Naturalis, 28.25]), und es könnte sogar eine Variante oder eine archaische Form desselben sein. Auf jeden Fall zeigt es klar, dass Decius seine Arme beim Sprechen des Gebetes nicht ausgestreckt hat. Eine weitere Beschreibung einer Devotio, diese Mal vor den Mauern von Karthago, wird von Macrobius geliefert (Macrobius, Saturnalia, 3.9.10 - 12): "DIS PATER VEIOVIS MANES, SIVE QUO ALIO NOMINE FAS EST NOMINARE, UT OMNES ILLAM URBEM CARTHAGINEM EXERCITUMQUE QUEM EGO ME SENTIO DICERE FUGA FORMIDINE TERRORE CONPLEATIS, QUIQUE ADVERSUM LEGIONES EXERCITUMQUE NOSTRUM ARMA TELAQUE FERENT, UTI VOS EUM EXERCITUM EOS HOSTES EOSQUE HOMINES URBES AGROSQUE EORUM ET QUI IN HIS LOCIS REGIONIBUSQUE AGRIS URBIBUSVE HABITANT ABDUCATIS LUMINE SUPERO PRIVETIS EXERCITUMQUE HOSTIUM URBES AGROSQUE EORUM QUOS ME, SENTIO DICERE, UTI VOS EAS URBES AGROSQUE CAPITA AETATESQUE EORUM DEVOTAS CONSECRATASQUE HABEATIS OLLIS LEGIBUS QUIBUS QUANDOQUE SUNT MAXIME HOSTES DEVOTI. EOSQUE EGO VICARIOS PRO ME FIDE MAGISTRATUQUE MEO PRO POPULO ROMANO EXERCITIBUS LEGIONIBUSQUE NOSTRIS DO DEVOVEO, UT ME MEAMQUE FIDEM IMPERIUMQUE LEGIONES EXERCITUMQUE NOSTRUM QUI IN HIS REBUS GERUNDIS SUNT BENE SALVOS SIRITIS ESSE. SI HAEC ITA FAXITIS UT EGO SCIAM SENTIAM INTELLEGAMQUE, TUNC QUISQUIS HOC VOTUM FAXIT UBI FAXIT RECTE FACTUM ESTO OVIBUS ATRIS TRIBUS. TELLUS MATER TEQUE IUPPITER OBTESTOR. Cum Tellurem dicit, manibus terram tangit: cum Iovem dicit, manus ad caelum tollit: cum votum recipere dicit, manibus pectus tangit." "Göttlicher Vater, Veiovis, Manen, sei es mit welch anderem Namen es göttliches Recht ist, dich zu nennen, damit ihr zur Flucht bringt durch Furcht, alle von dieser Stadt Karthago und das Heer, welche ich gleich nennen werde, sowie diejenigen welche unsere Legionen und unser Heer bekämpfen mit Waffen und Speeren, dass ihr die feindliche Armee, Geiseln und Männer, ihre Städte und Felder und alle welche in diesen Orten und der Gegend, Feldern und Städten leben wegbringt und das Heer der Feinde, die Städte und Felder von denen, welche ich nennen werde aus dem Licht des Himmels entfernt, dass ihr erhalten möget die Städte und Felder, die Köpfe jeden Alters, devot und geheiligt, gemäss denjenigen Gesetzen, nach denen und wann die Feinde am meisten devot sind. Diese weihe ich Euch als Stellvertreter für meine Treue und mein Amt, für mich, für das römische Volk, für unsere Heere und Legionen, damit ihr mich und meine Treue und meine Befehlsgewalt, unsere Legionen und das Heer, welches in dieser Sache verwickelt ist, sicher haltet. Wenn ihr das so machen werdet dass ich es weiss, fühle und erfahre, so soll wer auch immer dieses Gebet sprechen wird, wo auch immer er dies tun wird er es richtig getan haben, wenn er 3 schwarze Schafe opfert. Ich rufe Euch, Mutter Tellus und dich, Iupiter als Zeugen. Während er Tellus nennt, berührt er die Erde mit der Hand; während er Iupiter sagt, erhebt er die Hand zum Himmel; als er sagt das Gebet möge angenommen werden, berührt er mit der Hand die Brust." Der wichtige Teil ist der letzte Satz, in welchem gesagt wird, dass der Betende während er die Formel spricht 'den Boden berührt, während er Tellus nennt, die Hände zum Himmel erhebt, als er Iupiter nennt und seine Brust berührt, als er um Annahme des Gebetes bittet'. Das zeigt, dass Gebet und Gestik einander ergänzen konnten. Es ist sogar bekannt, dass einige seltene Opfer kein Gebet beinhalteten (Livius, Ab Urbe Condita, XLI.16.1), obwohl das gemäss Plinius äusserst selten vorkam (Plinius, Historia Naturalis, 28.3.10). Dass Gebet und Gestik einander ergänzen ist auch in einigen Beschreibungen von Opfern zu finden (vorallem in den Comentarii Fratrum Arvalium), welche die Weihung der Opfergabe durch Mola salsa, Wein und das Messer, meist ohne die zugehörigen Worte wiedergeben. Zusammenfassung Sowohl bildliche als auch textliche Quellen zeigen, dass die traditionelle römische Körperhaltung während eines Gebetes vom der Art des Gebetes abhing. Trotzdem war sie von einer gewissen Grösse und Würde geprägt, nicht wie die untergebenen und emotionalen Positionen, welche man von orientalen Kulten kennt. Der Römer sprach mit der Gottheit, wie wenn er mit einem Mann aus gleichem Stand sprechen würde, manchmal ohne spezielle Gestik und Körperhaltung, manchmal mit ganz speziellen Gesten um ein Gebet zu unterstützen. Manchmal wurden aber auch traditionelle Gesten mit einer ganz speziellen Bedeutung (z.B. die Berührung des Kopfes), welche oft vergessen gingen, durchgeführt. Also, zu behaupten, dass die Römer die Arme während des Gebetes ausstreckten, ist eine krasse Vereinfachung, welche auf den fremden Praktiken basiert, die schon in der Kaiserzeit Normalität erlangt hatten. Sie scheinen jedoch nicht mit den traditionellen römischen Praktiken übereinzustimmen, welche im öffentlichen Kult (inklusive seiner späteren Entwicklung zum Kaiserkult) sowie im Hauskult der konservativeren Römer praktiziert wurden. |